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Yearly Archives

2018

Augsburger Podiumsgespräch: Prostituiertenschutzgesetz schützt Täter!

By Bündnis

Am 09.11.1208 fand das vom Verein „AugsburgerInnen gegen Menschenhandel e.V.“ initiierte Podiumsgespräch „Frauenhandel und das Prostituiertenschutzgesetz“ statt.

Die etwa 70 Interessierten wurden von Klaus Engelmohr, Vorstand des Vereins, begrüßt und mit der Frage konfrontiert, ob das vor gut einem Jahr in Kraft getretene Gesetz auch Wirkung zeigt. Die Talkrunde bestand aus Dirk Wurm (Ordnungsreferent Augsburg), Manfred Paulus, Dr. Inge Kleine, Martin Warnecke und Sabina Rasinariu (Gesundheitsamt Augsburg).

In Augsburg arbeiten etwa 600 Prostituierte. Laut Rasinariu, die regelmäßig Kontakt zu vielen der Frauen hat, sei es schwer herauszufinden, ob sie sich freiwillig oder unter Zwang prostituieren, was oftmals an der Sprachbarriere, aber auch am Druck seitens der Zuhälter liegt. Manfred Paulus ist überzeugt, dass sich mehr als 95% der Frauen in Deutschland in der Zwangsprostitution befänden. In Augsburg kämpfe man für echte Verbesserungen, so Dirk Wurm, es gäbe aufsuchende Millieusozialarbeit in Zusammenarbeit mit SOLWODI, um Frauen den Ausstieg zu erleichtern. Nur wenige Frauen jedoch wagen den Ausstieg, Gründe dafür sind Angst vor den Zuhälterbanden, Scham, Schulden.
Das Deutsche Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) schreibe Auflagen für die Bordelle und die Frauen vor, ein Opferschutz fehle jedoch komplett, es setze Freiwilligkeit für die Prostitution voraus und gehe an den vorherrschenden Problemen vorbei, so Dr. Inge Kleine. Die organisierte Kriminalität werde dadurch nicht bekämpft. Paulus bezeichnete das Gesetz als „Täterschutzgesetz“.

In einigen europäischen Ländern ist die Gesetzeslage, ebenso das Frauenbild anders: Dort ist Sexkauf verboten und es müsse auch in Deutschland ein Umdenkungsprozess stattfinden, so Martin Warnecke. Die Kriminalisierung der Freier würde dazu führen, dass Frauen nicht mehr als Ware gesehen werden. Deutschland läge als zentral-europäisches Land in der Verantwortung, sich an die anderen Länder anzugleichen, Prostitution prinzipiell als Gewalt gegen Frauen anzusehen und einen Opferschutz zu gewährleisten.

KARO-Fachtag zum Prostituiertenschutzgesetz

By Bündnis

Am 23. November führte Karo e.V. einen interdisziplinärer Fachtag zum Prostituiertenschutzgesetz in Plauen durch: „Zwischen Milieu- und Behördenstrukturen. Wie können Schutz und Hilfe gelingen?“

„Elend lässt sich gut fi**en.“ sagte der Freier zu ihr. Das ist ein Zitat aus den berührenden und aufwühlenden Erfahrungen einer Überlebenden der Prostitution, die zum Fachtag von KARO e.V. in Plauen sprach.
Es war eine hochkarätige, eindrückliche und erschreckende Fachtagung zu Prostitution und Menschenhandel mit ausgewiesenen ExpertInnen zum Thema.

Die Bundestagsabgeordnete Yvonne Magwas ließ ein Grußwort zukommen, daraus entstammt folgendes Zitat: „Karo e.V. leistet mit seinem Einsatz eine unglaublich wertvolle Arbeit für Frauen. Dafür gebühren Ihnen sowie allen Unterstützern großer Dank und Anerkennung. Dabei legen Sie den Finger auch in die Wunde, sind „unbequem“ und vertreten eine klare Haltung. Das ist gut so! Denn Frauenrechte sind nicht verhandelbar. Sie müssen von Gesellschaft und Politik eingefordert werden. Und wenn die Gefahr besteht, dass sie untergraben werden, müssen wir sie verteidigen.“

MISSION FREEDOM: Home 2 in Frankfurt

By Bündnis

Am 3.11.2018 wurde das zweite MISSION FREEDOM HOME mit einer Eröffnungsfeier in Frankfurt gestartet. Prof. Dr. Schirrmacher (u.a. Präsident des Internationalen Rates der Internationalen Gesellschaft für Menschenreche der weltweiten Evangelischen Allianz) hielt eine großartige Rede vor 130 geladenen Gästen aus ganz Europa.

Cindy Punt-Palmer sprach über ihre eigenen Erfahrungen in der Prostitution so anschaulich, dass sie viele Zuhörer zu Tränen rührte. Doch die Hoffnung auf eine gute Zukunft überwog.
Gaby Wentland, die 1. Vorsitzende und Gründerin von MISSION FREEDOM unterstrich, wie wichtig die Zusammenarbeit bei diesem großen Problem ist und alle waren bewegt zu hören, wie viele Menschen gespendet und geholfen hatten, um das Haus im Frankfurter Raum möglich zu machen, dessen Standort zum Schutz der dort lebenden Frauen vertraulich bleiben soll. Das neue Team aus studierten Sozialarbeiterinnen wurde vorgestellt.

Notwendig ist der zweite Standort von MISSION FREEDOM aufgrund der hohen Nachfrage an Unterbringungsmöglichkeiten und somit können Frauen auch räumlichen Abstand von ihrem vergangenen Umfeld bekommen. Am 9.11.2018 zog bereits die erste Klientin ein.

EU-Projekt GIPST erfolgreich abgeschlossen

By Forschung

Unser EU-Projekt „GIPST“ wird demnächst, Ende Dezember 2018, erfolgreich abgeschlossen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir mit insgesamt sieben deutsche Organisationen aus Berlin, Hamburg und Stuttgart zusammen mit der Set Free Foundation in Sofia (Bulgarien), die Möglichkeit viele Materialien zu erstellen, um die Identifikation und Integration von Betroffenen von Menschenhandel zu verbessern. Wir freuen uns über die fleißige Nutzung und Verbreitung.

In den Städten Berlin, Hamburg und Stuttgart wurde ein Mapping von Prostitutionsstätten gemacht, um einen besseren Überblick über die jeweilige Situation zu bekommen.

Wir haben auch 18 Seminare in Flüchtlingsunterkünften gehalten, um über die Gefahren von Menschenhandel aufzuklären. Dafür wurden Flyer und PowerPoint-Präsentationen erstellt.

Für Frauen in der Prostitution hat „Neustart“ Infos zum Prostituiertenschutzgesetz auf einem ansprechenden Flyer zusammengetragen.

Für den Bereich der Integration wurde das Kompass-Programm entwickelt, ein Unterrichtsprogramm, das Aussteigerinnen alle wichtigen Kompetenzen für die Arbeitswelt vermitteln soll. Dazu gehört auch ein Patinnen-Programm, um die Frauen in dem Prozess zu begleiten und ihnen die soziale Integration zu erleichtern. Darüber hinaus wurden Kontakte zu Unternehmen aufgebaut, um Arbeitsstellen für die Betroffenen zu schaffen.

Der dritte Bereich von GIPST befasste sich mit der Verbesserung der Rückkehr-Betreuung. Es wurden Kontakte zu Organisationen in den wichtigsten Herkunftsländern aufgebaut und viele Hintergrundinformationen zu den Ländern und ein Handout zur Planung einer Rückkehr zusammengetragen, die bei der Betreuung von Rückkehrerinnen hilfreich sind.

Ein Jahr Prostituiertenschutzgesetz – „Die Absichten des Gesetzgebers werden zunichte gemacht“

By Prostitutionspolitik

Pressemitteilung

Das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) trat am 1. Juli 2017 in Kraft mit dem Ziel, die Situation von Frauen in der Prostitution zu verbessern. Wesentliche Grundrechte wie sexuelle Selbstbestimmung, persönliche Freiheit und Gesundheit, die bei der Ausübung der Prostitutionstätigkeit besonders gefährdet sind, sollten besser geschützt werden. Ein Jahr nach der Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes sind in den 16 Bundesländern gravierende Unterschiede bei der Umsetzung feststellbar.

Während Nordrhein-Westfalen mit seiner zügig verabschiedeten Durchführungsverordnung allen Bundesländern exemplarisch zeigte, dass es sehr gut möglich war, das Gesetz in der dafür vorgesehenen Zeit umzusetzen, gibt es ein Jahr nach seiner Einführung immer noch Länder, die mit der Umsetzung weit zurückliegen. In Berlin können sich betroffene Frauen zum Beispiel bis zum heutigen Tag nur den Versuch einer Anmeldung bestätigen lassen; die obligatorische Gesundheitsberatung wird noch nicht angeboten. Dieses wirft berechtigte Fragen bezüglich des politischen Willens auf.

Ebenfalls besorgniserregend ist die Tatsache, dass einige Länder, darunter Bayern, Hessen und Sachsen-Anhalt für Anmeldung und Gesundheitsberatung zum Teil erhebliche Gebühren erheben.

Frank Heinrich, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Bündnisses Gemeinsam gegen Menschenhandel e.V. erklärt hierzu:

„Es war erklärtes Ziel des Gesetzgebers, durch dieses neue Gesetz gerade den Frauen, die in prekären Umständen leben und daher besonders gefährdet für sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel sind, verlässlichen Zugang zu Informationen über ihre Rechte, Pflichten und Unterstützungsangebote zu ermöglichen. Durch Kenntnis ihrer Rechte und vorhandener Hilfsangebote sollten sie in die Lage versetzt werden, diese Rechte einfordern und selbstbestimmt leben zu können. Diese Absichten des Gesetzgebers werden durch die Erhebung von Gebühren untergraben.“

Aufgrund der hohen Armutsprostitution in Deutschland wird damit einer großen Anzahl an Frauen der Zugang zu Anmeldung und Beratung nahezu unmöglich gemacht. Auf diese Weise werden nicht nur wesentliche Ziele des Gesetzes nicht erreicht, sondern die Situation besonders gefährdeter Frauen wird zusätzlich erschwert.

Gemeinsam gegen Menschenhandel fordert die betreffenden Länder dazu auf, auf eine Erhebung von Gebühren zu verzichten und die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes baldmöglichst und bestmöglich im Sinne des Gesetzgebers umzusetzen. 

Die zögerliche Umsetzung in den einzelnen Bundesländern hat sich schon 2017 kurz nach Inkrafttreten des Prostituiertenschutzgesetzes abgezeichnet (siehe unsere damalige Pressemeldung HIER)

Klicken Sie auf das Titelbild, um die Pressemitteilung herunterzuladen:

Photo by Gio on Unsplash

„Die Opfer müssen vor ihren Peinigern geschützt werden“

By sexuelle Ausbeutung

Pressemitteilung

„Die Opfer müssen vor ihren Peinigern geschützt werden“
Über 100 Verdächtige nach Großrazzia in deutschen Rotlichtmilieus

Zur Großrazzia gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution in zwölf Bundesländern am heutigen Vormittag sagt der Bundestagsabgeordnete und Erste Vorsitzende von Gemeinsam gegen Menschenhandel e.V. Frank Heinrich:
Endlich können Menschhändlerinnen und Menschenhändler, Zuhälterinnen und Zuhälter in Deutschland nicht mehr so leicht machen was sie wollen! Die Razzia ist ein Schlag gegen die Organisierte Kriminalität, die in so vielen Rotlichtvierteln herrscht.“

Immer wieder werden Zwangsprostitution und Menschenhandel im Rotlicht geleugnet oder runtergespielt. Bei der heutigen Razzia nahm die Bundespolizei mehr als 100 Personen im Zusammenhang mit Menschenhandel und Zwangsprostitution in Bordellen und Massagesalons fest. Dabei wurden sieben Haftbefehle vollstreckt. Hauptbeschuldigte sind eine 59-jährige Frau aus Thailand und ihr deutscher Lebensgefährte.

„Die nächsten Wochen müssen zeigen, dass das neue Gesetz zur Bekämpfung von Menschenhandel tatsächlich Wirkung zeigt. Es liegt daran, die Täterinnen und Täter tatsächlich zu verurteilen. Die Opfer müssen vor ihren Peinigern geschützt werden. Außerdem brauchen die Betroffenen psychologische und physiologische Hilfe. Aber auch die Sicherheit, dass sie nun nicht selbst belangt werden, (z.B. wegen illegaler Einreise) ist wichtiger Bestandteil der Opferhilfe. Diese darf nicht von einer Aussage abhängig sein!“

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Photo by Gio on Unsplash