Das sogenannte Palermo-Protokoll der Vereinten Nationen (UN) von 2005 enthält die erste internationale rechtsverbindliche Definition von Menschenhandel.
Artikel 3 lit. a des Palermo-Protokolls definiert Menschenhandel als „Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung.“
Menschenhandel besteht demnach aus drei Elementen:
» einer Aktion (z.B. Rekrutierung, Beförderung oder Beherbergung von Betroffenen)
» unlautere Mittel (z.B. Täuschung, Manipulation, Einschüchterung, Zwang)
» einer Ausbeutungsabsicht (z.B. Ausbeutung der Arbeitskraft, sexuelle Ausbeutung, Ausbeutung zur Begehung von Straftagen, Ausbeutung zur Bettelei, Organentnahme)
Welche Ausbeutungsformen gibt es?
Laut der EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer von 2011 umfasst Ausbeutung mindestens:
» Zwangsarbeit oder erzwungene Dienstleistungen, einschließlich Betteltätigkeiten
» Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken,
» Leibeigenschaft oder
» die Ausnutzung strafbarer Handlungen oder
» die Organentnahme
Das deutsche Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels, das am 15. Oktober 2016 in Kraft getreten ist, setzt dieobergenannte Richtlinie 2011/36/EU um. Hiernach stellen Menschenhandel (§ 232 StGB) und die ihm nachfolgenden Ausbeutungsformen schwere Straftaten dar.
Ausmaß
Weltweit befinden sich täglich geschätzte 50 Millionen Menschen in moderner Sklaverei.
Diese erschreckende Schätzung für das Jahr 2021 wurde im Sept. 2022 im aktuellsten Bericht „Global Estimates of Modern Slavery“ der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), Walk Free und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) veröffentlicht.
Zusätzliche Krisen – die COVID-19-Pandemie, bewaffnete Konflikte wie der Ukraine-Krieg und der Klimawandel – haben in den letzten Jahren zu einer beispiellosen Unterbrechung von Beschäftigung und Bildung, zu einer Zunahme von extremer Armut und erzwungener und unsicherer Migration sowie zu einem Anstieg von Berichten über geschlechtsspezifische Gewalt geführt, die zusammen das Risiko aller Formen moderner Sklaverei erhöhen. Wie sooft sind diejenigen am stärksten betroffen, die sich ohnehin schon in einer besonders gefährdeten Situation befinden – darunter Arme und sozial Ausgegrenzte, Beschäftigte in der informellen Wirtschaft, irreguläre oder anderweitig ungeschützte ArbeitsmigrantInnen und diskriminierte Menschen.
Jedoch beschränkt sich Menschenhandel und Ausbeutung keineswegs nur auf die „armen“ Länder der Welt: Menschenhandel gibt es in jeder Region dieser Welt, auch in Europa, auch in Deutschland. (siehe Berichte)
Berichte & Statements
Wir setzen uns in Deutschland für die Einsetzung des Gleichstellungsmodells der Prostitutionspolitik (auch Nordisches Modell genannt) ein. In unserem Positionspapier erklären wir, warum wir dies für den richtigen Ansatz halten.
2012 hat Deutschland die Europaratskonvention gegen Menschenhandel (2005) ratifiziert. Seitdem überwacht die ExpertInnengruppe GRETA in regelmäßigen Abständen, inwiefern Deutschland die Konvention umgesetzt hat. Im Rahmen der aktuellen dritten Evaluierungsrunde (2023) hat GGMH als NGO einen Alternativbericht (Englisch) zum offiziellen Bericht der Bundesregierung eingereicht und hat im folgenden am 08.05.2023 an einem Meeting mit Delegierten von GRETA teilgenommen.