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Bericht über Menschenhandel weltweit: Weniger identifizierte Opfer trotz erhöhter Risiken

By Forschung

Zum ersten Mal seit 20 Jahren werden weltweit weniger Opfer von Menschenhandel identifiziert, obwohl die COVID-19-Pandemie und andere Krisen die Anfälligkeit für Ausbeutung erhöht haben. Dies geht aus dem jüngsten globalen Bericht über Menschenhandel hervor, der am 24. Januar 2023 vom Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) veröffentlicht wurde.

Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Pandemie nicht nur die Handlungsmöglichkeiten von Menschenhändler/innen eingeschränkt und Ausbeutung vermehrt ins Verborgene gedrängt habe, sondern auch die Kapazitäten der Strafverfolgungsbehörden geschwächt habe. UNODC-Direktorin Ghada Waly sagte hierzu:

„Wir können nicht zulassen, dass Krisen die Ausbeutung verstärken. Die Vereinten Nationen und die Geber-Gemeinschaft müssen die nationalen Behörden, vor allem in den Entwicklungsländern, dabei unterstützen, auf die Bedrohung durch den Menschenhandel zu reagieren und die Opfer zu identifizieren und zu schützen – insbesondere in Notsituationen.“

Pressemeldung UNODC, 24.01.2023

UNODC hat den „Global Report on Trafficking in Persons“ (Globaler Bericht über Menschenhandel) aktuell zum 7. Mal veröffentlicht und bietet damit eine Momentaufnahme der Muster und Ströme des Menschenhandels während der Covid-19-Pandemie. Auf 186 Seiten bildet der Bericht die Situation in 141 Ländern ab und gibt einen Überblick über die Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels auf globaler, regionaler und nationaler Ebene. Das Forschungsteam hat hierfür aufgedeckten Fälle von Menschenhandel zwischen 2018 und 2021 sowie zusätzlich Zusammenfassungen von 800 Gerichtsverfahren, die zwischen 2012 und 2020 verhandelt wurden, analysiert. Die Ergebnisse ermöglichen ein besseres Verständnis über Opfer und Täter/innen sowie die Art und Weise, wie Behörden auf Fälle von Menschenhandel aufmerksam werden.

Elf zentrale Ergebnisse

Neben der Tatsache, dass weltweit weniger Opfer identifiziert wurden, gibt es noch zehn weitere zentrale Ergebnisse des Berichts:

  1. dass Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung während der Pandemie weniger aufgedeckt wurde;
  2. dass sich Betroffene vermehrt auf die „Selbstrettung“ verlassen, da die Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels nicht ausreichen;
  3. dass es während der Covid-19-Pandemie noch weniger zu Verurteilungen gekommen ist;
  4. dass die Straffreiheit in den Herkunftsländern zunimmt, was dazu führt, dass mehr Opfer in mehr Zielländer verschleppt werden;
  5. dass Krieg und Konflikte Menschenhändler/innen ideale Voraussetzungen bieten;
  6. dass der Klimawandel die Risiken des Menschenhandels vervielfacht;
  7. dass Jungen und Männer einen größeren Anteil der entdeckten Opfer ausmachen, da neue Formen der Ausbeutung ans Licht kommen;
  8. dass Frauen und Kinder stärker unter der Gewalt von Menschenhändler/innen leiden;
  9. dass Menschenhändler/innen besser organisiert sind und mehr Opfer mit größerer Gewalt und über längere Zeiträume hinweg ausbeuten;
  10. dass Frauen, gegen die wegen Menschenhandels ermittelt wird, mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit verurteilt werden als Männer.

Situation in Zentral- und Südeuropa

Schaut man sich die Ergebnisse des Berichts über Mittel- und Südosteuropa an, sieht die Situation etwas anders aus als global betrachtet. Hier wurden tatsächlich mehr Opfer identifiziert und eine verstärkte Reaktion der Strafjustiz auf den Menschenhandel festgestellt.

Im Jahr 2020 war der Anteil der identifizierten Opfer von Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung (vor allem Landwirtschaft) höher als in der Vergangenheit. Der Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung blieb laut Bericht jedoch die häufigste Form des Menschenhandels (2/3 aller Betroffenen). Hier wird als Besonderheit zudem festgehalten, dass die sexuelle Ausbeutung in Mittel- und Südosteuropa oft an gut sichtbaren, öffentlichen Orten stattzufinden scheint. Etwa die Hälfte der von den nationalen Behörden genannten Fälle betrifft Opfer, die in Straßenprostitution, Bordellen, Clubs oder Bars ausgebeutet wurden.

Wenngleich Behörden vermehrt männliche Opfer von Menschenhandel entdeckt haben, stellen Frauen weiterhin die Mehrheit der in der Region entdeckten Opfer dar (fast 3/4 aller Betroffenen).

Bemerkenswert ist, dass die Zahl der Strafverfolgungen und Verurteilungen im Jahr 2020 gestiegen ist, trotz der erwarteten pandemiebedingten Verlangsamung der Justiz, die in anderen Regionen der Welt zu beobachten war.

Links:

Gesamter Bericht (auf Englisch)
Pressemeldung anlässlich der Veröffentlichung des Berichts
Ältere Berichte und Länderprofile gibt es HIER
Unser Bericht von Sept. 2020 zu den Auswirkungen von COVID-19 auf den Menschenhandel

Auswirkungen von Covid-19 auf den internationalen Menschenhandel

By Forschung

Eine Untersuchung von OSCE/ODIHR (Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) und UN Women hat ergeben, dass die Corona-Pandemie auch auf die internationalen Strukturen des Menschenhandels starke negative Auswirkungen hat. Bei der Untersuchung wurden Überlebende von Menschenhandel und MitarbeiterInnen von Erstkontaktstellen für Opfer von Menschenhandel aus verschiedenen Ländern befragt.

Im Kern der Untersuchungsergebnisse stehen zwei Punkte:

(1) Die Betroffenen und Überlebenden von Menschenhandel sind neuen Risiken und Herausforderungen ausgesetzt. Dazu zählt zum Beispiel, dass sie in dieser Zeit fast keinen Zugang zu Hilfsangeboten haben oder dass sie nicht in ihre Heimatländer zurück können.

(2) Die Not der Menschen ist größer und die Nachfrage nach „pornografischem Material“, das online zur Verfügung steht, ist gestiegen. Daraus ist eine größere Verletzlichkeit der Frauen und Mädchen, die einem besonderen Risiko ausgesetzt sind, Opfer von Menschenhandel zu werden, entstanden.

Der vollständige Bericht ist (in englischer Sprache) unter diesem Link verfügbar.

Außenminister Heiko Maas (SPD) betont Kampf gegen Menschenhandel

By Prostitutionspolitik

Deutschland will seine zweijährige Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen bis 2022 auch dazu nutzen, den Kampf gegen Menschenhandel auf die Agenda zu bringen. Das berichtete Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am 15. Januar im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, schreibt der Parlamentsdienst „Heute im Bundestag“. Eine wichtige Priorität blieben zudem Querschnittsthemen wie Frauenrechte und die Bekämpfung geschlechterspezifischer Gewalt, so Maas in der Ausschusssitzung.

„Wesentliche Fortschritte“ gebe es auch hinsichtlich der Etablierung eines einheitlichen EU-Sanktionsregimes, sagte Maas. Bei ihrem letzten Treffen im Dezember 2019 hätten sich die EU-Außenminister darauf geeinigt, künftig mit gemeinsamen Sanktionen auf schwerste Menschenrechtsverletzungen wie Genozid, Folter, Sklaverei oder systematische sexueller Gewalt zu reagieren. Bis Mitte des Jahres solle das Sanktionsregime verabschiedet werden, kündigte der Minister in dem Bundestagsausschuss an.