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2016 hat das Bundeskabinett auf Grundlage der Leitprinzipien der Vereinten Nationen einen Aktionsplan für Menschenrechte und Wirtschaft beschlossen. Teil dieses Aktionsplans ist die Sicherstellung des Schutzes von Menschenrechten in internationalen Lieferketten. Das bedeutet, dass Unternehmen auch bei ihren Zulieferern Sozial- und Arbeitsstandards sowie Maßnahmen zum Umweltschutz gewährleisten und global Verantwortung übernehmen sollen. Die Hoffnung ist, auf diese Weise zum Beispiel Arbeitsausbeutung und Kinderarbeit entgegenzuwirken.

Kernelemente der sogenannten Sorgfaltspflicht sind der Ausdruck der Unternehmen zur Achtung der Menschenrechte durch eine Grundsatzerklärung, die Identifizierung von Risiken und die Ermittlung der Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf die Menschenrechte. Außerdem wird Transparenz und die Einrichtung eines effektiven Beschwerdemechanismus gefordert.

Doch die Umsetzung ist umstritten. Bislang hat die Bundesregierung auf freiwillige Maßnahmen gesetzt und auf diese Weise Unternehmen zu Transparenz und Achtung der Menschenrechte aufgefordert. Im Rahmen eines Monitorings in den Jahren 2018 bis 2020 sollte überprüft werden, ob bis 2020 mindestens 50% der Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten den Vorgaben des Aktionsplans nachgekommen sind und entsprechende Regelungen in ihr Konzept integriert haben.

2020 ist die zweite Befragungsrunde angelaufen, doch der bisherige Zwischenstand ist ernüchternd. Von 3.300 kontaktierten Unternehmen konnten 460 beantwortete Fragebogen ausgewertet werden. Aus dem Zwischenbericht 2019 geht hervor, dass etwa 17 bis 19% der Unternehmen die Kernelemente der Sorgfaltspflicht erfüllen.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) wollen durch ein Lieferkettengesetz Änderung schaffen. Dieses Gesetz soll Unternehmen verpflichten, in der gesamten Lieferkette auf Menschenrechte und gute Arbeitsbedingungen zu achten.

Am 10. März 2020 sollten ursprünglich die ersten Eckpunkte für ein solches Gesetz veröffentlicht werden. Aufgrund der Corona- Pandemie, die zwar aufgezeigt hat, wie global die Wirtschaft heutzutage vernetzt ist und wie abhängig gerade auch Entwicklungsländer von ausländischen Unternehmen sind, wurde die Vorstellung des Gesetzesentwurfs verschoben. Grund dafür ist vor allem, dass man die deutsche Wirtschaft nicht zusätzlich belasten wolle. Das Bundeswirtschaftsministerium möchte außerdem die zweite Befragungsrunde abwarten.

Gerd Müller nannte die Krise in einem Interview Anfang April auch „einen Moment, um darüber nachzudenken, wie wir zukünftig Globalisierung gestalten wollen“. Gerade jetzt zeige sich, wie wichtig gerechte Globalisierung mit Gesundheitsstandards, Arbeitsschutz und sozialen Sicherheitsnetzen sei. Er wolle an dem Vorhaben eines Lieferkettengesetzes festhalten.

Die Wirtschaft zeigt sich angesichts eines solchen Gesetzes besorgt. Zwar soll das Gesetz in erster Linie größere Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden betreffen, bedeutet für diese allerdings erhöhten Aufwand und Haftung für Prozesse, in welche sie momentan nur wenig Einblick haben. Es wird eine Frage der Umsetzung sein, innerhalb der Lieferketten zunächst Transparenz zu schaffen und anschließend soziale und nachhaltige Standards festzulegen.

Im Koalitionsvertrag von SPD und CDU hatten sie sich darauf geeinigt, ein Lieferkettengesetz einzuführen, falls weniger als die Hälfte der Unternehmen die Vorgaben des Aktionsplans erfüllen. Sollte dies auch nach der zweiten Befragungsrunde der Fall sein, steht es nicht mehr in Frage, ob es ein solches Gesetz geben wird, sondern vor allem, wie dies ausgestaltet ist, welche Vorgaben und Sanktionen gelten und was zu einer nachhaltigen Umsetzung beitragen kann.

Einer Umsetzung, die vielleicht auch Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung weniger Chancen bietet…

Weitere Informationen unter: https://lieferkettengesetz.de/

Photo by David Vives on Unsplash